• Was macht sie aus, die Buell?
    Lutz hat an anderer Stelle diesen hervorragenden Artikel gepostet. Ich finde, der gehört unbedingt hierher. Das würde ich alles sofort unterschreiben, vielleicht eines noch: Wenn Jules Verne ein Motorrad gehabt hätte, wäre es eine Buell gewesen!


    Ein großes Rätsel
    Wenn Profis testen, dann schneidet die Buell XB12S nicht gerade besonders ab. Komisch bloß, dass viele Kritiker das heimlich und privat ganz anders sehen. Sie sind ihr verfallen.
    Kennen Sie das, den Vergleich von Menschen mit Tieren: graue Mäuse, sei-kein-Frosch, Giraffenhals? Das geht auch mit Motorrädern. Dieses Ding, diese Buell - sie ist, wie sie ist: Ein Taugenichts. Ein Versager als Tourenmotorrad. Ein Lahmarsch als Sportler. Als Angeber zu mickrig, als getreuer Eckart in Regen und Schnee aller Jahreszeiten eine Zumutung. Das alles ist wahr. Und weil die allermeisten professionellen Motorradjournalisten ein ehrliches Verhältnis zur Wahrheit haben, schreiben sie das auch: Das Ding, die Buell XB12S - ein Taugenichts. Aber irgendwie, wie kommt es nur, wie soll man das erklären - jedenfalls ergab sich nach Ende der Testprozeduren bei den vornehmsten, besten Motorrad-Spitzenjournalisten unseres Landes ein voll krasser Fall von Schizophrenie - die aber einen sehr glücklichen Anblick bot.
    Diskret bemäntelte Sympathie klang manchmal in den Testberichten durch, aber immer grobes Ungenügen in technisch-faktischen Dingen: Die kürzesten Balken, die mickrigsten Kurven in den graphischen Motorleistungsgrafiken, den Rundenzeiten, und was man sonst so misst. Und dann, dann stellt sich hintenherum heraus, dass sich die meisten Tester zum Rückgabetermin fast unter Tränen von ihr trennten. Einer schrieb das auch, er gab es freimütig zu, allerdings erst Monate später. Ein anderer kaufte sie sich sogar. Was war da los, was war da vorgefallen? In Wahrheit ist die große Buell XB12S wohl doch kein Taugenichts - sie ist ein Greis. Sie ist ein gichtiger, seniler Motor aus einer verwelkten Zeit, in der auf den Bauernfeldern noch der Lanz Bulldog-Traktor stampfte, langhubig, mit Zündungstakten zum Mitzählen, ein inniger Geistesverwandter der Buell.
    Bemuttert, verhätschelt wird dieser Greis (die Buell) von einer intensivstationsgerechten Elektronik-Peripherie, angetrieben von einer monströs leistungsfähigen 520 Watt-Lichtmaschine, die sich mit klickenden Relais, rauschenden Hochleistungslüftern (in automatisch wechselnden Leistungsstufen), jaulenden Benzin- und Einspritzpumpen um die Regungen eines Motors sorgt, der sich wohl erstmals kurz nach der Erfindung des Rades in Bewegung gesetzt haben muss - in einer Harley-Sportster. Den Sprit bunkert die Buell in den Hohlräumen ihres Rahmens, das Motoröl hebt sie in der Hinterradschwinge auf. Alles, alles außer dem Motor, ist ein bisschen verrückt und avantgardistisch an ihr, sie spannt einen Zahnriemen vom Motor zum Hinterrad, sie hat eine radikal steil stehende Vorderradgabel (21 Grad), es gibt - bei Motorrädern sehr selten - einen hydraulischen Ventilspielausgleich, und dann die giftig zubeißenden Superbremsen der Buell: Eine riesiger, knapp 38 Zentimeter großer Scheibenbremsen-Kranz, an der Felge befestigt, so was gibt's nur einmal auf der Welt.
    Wir drücken den Starterknopf, und da... es ist wie mit dem Dackel und seinem Schwanz. Die beiden riesigen Kolben wackeln mit der Buell, sie hüpft in ihren Federn, sie springt auf ihren Reifen, und sie klingt, sie klingt nach Amerika: dieses behaglich rülpsende, fett schmatzende Verdauungsgeräusch dicker US-Big Block-Motoren, und als ungesunder Unterton ein rumpelndes Geräusch aus dem noch kalten Kurbelwellengehäuse.
    Wir haben die Buell dann über Berge, Hügel, durch Täler fliegen lassen, sie grunzt vor Eifer, und röchelnd vor Behagen vergisst sie dabei, dass sie eigentlich vibrieren sollte. Es ist eine großzügige Kraft, die dieses Motorrad beflügelt, gelassen, souverän, ein mächtiger Bizeps. Fast haben wir uns beim Mitzählen erwischt: Wie viel Donnerschläge brauchts von einem Seitenstreifenbalken zum nächsten? Wir geben Gas, die Buell hebt uns wie eine Woge empor und während der Schwung wieder verebbt, wechseln wir langsam den Gang, um auf der nächste Woge weiter zu surfen. Das ist das unvergleichlich an diesem Motorrad gewesen, ein Glück, eine Bereicherung, ein nie erlebtes Gefühl. Auch wir haben geweint, als wir sie wieder hergeben mussten.


    Artikel erschienen am 22.01.2007

    Weltmeister im synchron-Klippenspringen 2015


    8) In dubio Prosecco!

    Einmal editiert, zuletzt von Töfflibueb ()

    • Offizieller Beitrag

    Ist aus dem Spiegel von 2007. Wenn ich wegen Technikfrust das Hobby wechseln will, dann lese ich den nochmal. Danach gehe ich Werkzeug einkaufen. Oder Motorradstiefel.



    Gesendet vom Dingsda

    ... ɟdoʞ lɐɯ ɹǝpǝıʍ ʇɥǝʇs sǝllɐ pun

  • Tja dazu nur soviel: Spass lässt sich eben nicht an Hand von Rundenzeiten oder Beschleunigungsdaten messen, den muss man erLEBEN und das kann die Buell wie keine andere :D


    Ich hab schonmal den Fehler gemacht und hab meine 2004er 12er verkauft, die jetzige geb ich auf keinen Fall mehr her!


    Man muss es eben einfach richtig machen: einfach 2 Motorräder kaufen. Eines davon einfach zum wirklich schnell fahren und Leistungsmässig in dem obersten Bereich mitfahren zu können und das andere einfach so für lustig (das wär dann die XB :D)

  • Mir reicht die XB auch vollkommen
    Ich hab Spaß beim fahren, ich brauch keine 180 kmh,
    sitze bequem.
    Und wenn ich alles an WZ dabei hab , dann macht se auch keine mucken:-)
    alles andere reizt mich nicht mehr, evtl noch ne 690 KTM Sumo,
    Rundenzeiten gibts beim Moto GP genug, ganz bequem vom Sofa aus :)


    BuellGruß Andreas

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